Samstag, 1. März 2008

Heute bin ich Haile

oder: Das surrealistische Hundeklo.

Lust zu laufen hab ich eigentlich nicht. Ich bin früh zu Hause, da ein ungünstig gelegener Zahnarzttermin mich vom Arbeiten freistellt. Also könnte ich auch unter der Woche mal im Hellen laufen. Welch ein Luxus. Wenn ich nur Bock hätte.

Jeder Zeitmanagement-Kursurs-Geschädigte weiß: Eine große Aufgabe muss in kleine Ziele zerlegt werden. Also erstmal Laufhose anziehen. Der Rest folgt dann von alleine.

Fertig angezogen und ausgerüstet steige ich ins Auto. Während ich sonst vor der Haustür loslaufe, starte ich heut mal auf den Wanderparkplatz. Ich sitze hinter dem Steuer und bin so müde, dass ich am liebsten wieder umgekehrt wäre. Aber das geht ja nun gar nicht.

Also laufe ich los. Ich beschäftige mich gedanklich mit meinen schweren Beinen, den ungefederten Schuhen, der Musik und dem erstaunlich milden Wetter. Ein weißes Hundegesicht gerät rechts außen in mein Blickfeld und ich erschrecke zutiefst. Ich zucke zusammen. Vertieft in meine Gedanken habe ich nichts von meiner Umgebung mitbekommen.

Der Hund gehört zu einem Läufer, ist total desinteressiert und die Beiden verfolgen mich die nächsten Kilometer in gehörigem Abstand. Auch gut, so komme ich wenigstens nicht in Versuchung anzuhalten und laufe zügig bergan.

Am Wendepunkt zeigt die Pulsuhr erst 4 km. Der Läufer und sein weißer Hund biegen ab.
Ich beschließe, doch eine größere Schleife anzuhängen.

Hier finde ich das Hundeklo. Surreal wirkt es mitten auf der Ebene. Nicht rational.

Kein Mensch und auch kein Hund zu sehen. Denn mein weißer Freund ist ja abgebogen. Er hätte es sicher zu schätzen gewusst.

Der Sonnenuntergang beginnt und ich mache mich auf den Rückweg. Meine Uhr zeigt 7 km aber der Footpod ist mangels ausreichenden Batteriestroms ausgefallen. Dafür bin ich von einer Energie durchströmt, die mich rennen lässt wie eine Wilde.

Das hat mit dem surrealistischen Hundeklo zu tun, da bin ich jetzt im Nachhinein ganz sicher. Das Unbewusste steuert meinen Körper. Laufen als vergängliche Kunstform.

Mein Bewusstsein ist ausgeschaltet und ich laufe wie automatisiert. Ich laufe aufrecht und kontrolliert. Ich fühle meine Beine mit raumgreifenden, eleganten Schritten. Nichts tut mehr weh und ich bin schnell. Ich bin Haile.

(15 km, 210 hm; 1:40h)



2 Kommentare:

ultraistgut hat gesagt…

Schöööööööööööööön, einfach schön geschrieben, und ich empfinde mit Dir - wie oft ist es mir schon genauso ergangen - abgesehen von dem Hundeklo !!

Kullerbein hat gesagt…

Hallo,
ich freue mich über all Deine Komentare!